
KONTROLLE/SCHLAF. Casper.
It comes and goes in waves. In der REM-Phase finden die meisten unserer Träume statt, sie wird oft als Traumschlaf bezeichnet. In dieser Schlafphase sind unsere Hirnwellen am kürzesten, sogar kürzer als tagsüber. Unser Hirn ist also wacher als wach, wir liegen aber währenddessen platt wie eine Flunder danieder. Hier kommt unser Zustand von außen betrachtet übrigens dem eines Komapatienten am nächsten. Eine wirklich spannende Beobachtung kann man nämlich nur in der REM-Phase machen: Während wir friedlich träumen, ist unsere Skelettmuskulatur völlig gelähmt. Nein, nicht entspannt, nicht betäubt, sondern gelähmt. Das Ganze nennt sich Muskelatonie und würde uns wie einen toten Fisch wirken lassen, würde man uns in dieser Zeit versuchen hochzuheben. Außerdem sind auch unsere Sinne nicht mehr Herr ihrer selbst. Keinerlei Informationen kommen mehr durch unser Sensorik-Gate, den Thalamus, nach innen. Wohl aber durchlaufen ihn Informationen VON innen: Emotionen, Erinnerungen, Erfahrungen. Träume sind Schäume, jaja, aber trotzdem brauchen wir sie. In ihnen verarbeiten wir Emotionen, und nur dort erfolgreich, weil es die einzige Zeit des Tages ist, in der in unserem Hirn kein Noradrenalin vorhanden ist. Noradrenalin ist das Pendant zu Adrenalin — Adrenalin gibt’s im Körper, Noradrenalin im Hirn. „Fun“ Fact hier: Kriegsveteranen, die unter Flashbacks leiden, konnte man durch Zufall damit helfen, dass sie ein bestimmtes Blutdruck senkendes Medikament bekamen, dessen Nebenwirkung es war, den Ausstoß von Noradrenalin zu blockieren. Sie haben die Erlebnisse aus dem Krieg, die ihnen den Schlaf und die Nerven und den Glauben an die Welt geraubt haben, wieder ohne Stressoren verarbeiten können.
Auch der Tiefschlaf hat eine wichtige Funktion zur Regeneration unseres Hirns. 2012 hat das Forscherteam um Dr. Maiken Needergard für den Nachweis des sogenannten glymphatischen Systems im Menschen gesorgt. Das glymphatische System ist analog der Lymphe im Körper eine Vernetzung im Hirn, um dort metabolische Abfallstoffe abzutransportieren. Zwischen unseren Hirnzellen befinden sich eine weitere besondere Art von Zellen, welche sich Gliazellen nennen und während des Tiefschlafs quasi zusammenziehen. Sie nehmen dann nur noch einen Bruchteil ihrer Größe an und geben damit Platz frei für Zerebrospinalflüssigkeit, welche bestimmte Proteine abtransportiert, die als Abfallstoffe von metabolischen Vorgängen übrigbleiben. Diese Abfallstoffe werden anschließend an das Lymphsystem übergeben. Eines dieser Abfall-Proteine, das Beta-Amyloid, trägt unter Anderem zur Pathologie von neurologischen Erkrankungen, besonders Alzheimer bei. Das glymphatische System arbeitet nur, wenn der Blutzuckerspiegel ein gewisses Level erreicht – tut er das nicht, wird mit Cortisol und Adrenalin intern gegengesteuert, um das System anzuwerfen. Zwischen drei und fünf Uhr am Morgen kommt es so gegebenenfalls zum Aufwachen, wenn der Blutzuckerspiegel beim Schlafenden zu niedrig ist – Cortisol und Adrenalin wecken auf und lassen ihn nicht mehr einschlafen. Wer dieses Verhalten bei sich beobachtet, sollte die Essgewohnheiten am Abend überdenken. Eine qualitative Störung des Schlafs über längere Zeit hinweg im Sinne von fehlendem Tiefschlaf löst eine Abwärtsspirale aus. Bei über 60% der Alzheimer-Erkrankten ist mindestens eine Schlafstörung diagnostiziert, Störungen des Tiefschlafs bereits Jahre vor Ausbruch der Krankheit sind Frühwarnzeichen und Trigger gleichzeitig. Wenig Tiefschlaf bedeutet ein schlecht arbeitendes glymphatisches System, wodurch besonders im Frontallappen (dem Hirnareal, das für die Generierung von Tiefschlaf zuständig ist) viel Beta-Amyloid anfällt. Durch den Befall des Frontalllappens wird immer weniger Tiefschlaf generiert, Beta-Amyloid kann also irgendwann gar nicht mehr ausgeschwemmt werden. Interessant ist, dass unser Hippocampus, der als Erinnerungs-/Kurzzeitspeicher fungiert, von diesem Beta-Amyloid-Befall nicht berührt wird – wohl aber der Transport von Informationen in den Neocortex (Langzeitspeicher). Das ist der Grund, weshalb wenig bis keine Erlebnisse mehr, die Alzheimer-Patienten während des Verlaufs ihrer Krankheit machen, den Weg ins Langzeitgedächtnis schaffen.

Info zum Autor:
Hi, ich bin Anika Donie! Als Athletin, Angestellte und Selbstständige mit einer Trainingswoche von 12 Stunden und Arbeitswoche von 60 Stunden gilt es für mich, physisch und mental gesundheitlich alles Erdenkliche für mich und meinen Körper zu tun. In einer Zeit, die von freier Zeit- und Aufgabeneinteilung, aber auch von Burn-Outs und Erkrankungen durch Stressoren geprägt ist, kam ich aufgrund eigener körperlicher Überlastung auf Schlaf wie die Jungfrau zum Kind. Ursprünglich und immer noch in der Wirtschaftsinformatik im Personalbereich tätig, mache ich es mir heute zur Aufgabe, über den Nutzen von einem unserer natürlichsten Regenerationsmechanismen aufzuklären – Schlaf.